Mail
- Art von Günther Wilhelm in der Galerie HartmannStrasse 45
Man nehme das Corsagenschnürchen,
ziehe es behutsam aus den Ösen heraus und enthülle mit viel Fingerspitzengefühl
das Objekt. Von Günther Wilhelm kreiert und an seine Lieben per Post geschickt,
sodann wieder eingesammelt und in der Galerie Hartmannstrasse 45 in Ludwigshafen
noch bis 23. März unter dem Titel Mail-Art zu sehen, nennt sich das
Objekt dann Post vom Künstler aus seiner Stipendiatenzeit in Worpswede.
Und diese Nachrichten enthalten Drucke zum einen, zumeist erotische Botschaften
aus dem Corsagen-Gefängnis des weiblichen Körpers, aber auch Fotografien
zum andern Ausblicke auf einen Himmel, der sich frank und frei über Baumkronen
wölbt, auch mal ein Clo (der Empfänger wird seine Freude damit gehabt haben)
oder Günther Wilhelm selbst als Nackedei von hinte(r)n.
Ganz im Sinne der Anfang der sechziger Jahre erstmals dezidiert einer breiteren
Öffentlichkeit gegenüber vertretenen Mail-Art-Schule, läßt der Künstler
einmal ganz anders als nur mit dem üblichen geschriebenen Wort sprechen.
Briefe also, die dem Empfänger durchaus zum sinnlich-lüsternen Vergnügen
gereichen können und die von Wilhelm ja von jeher in seinem Oeuvre bevorzugten
Corsagen in einen anderen Zusammenhang stellen.
Mannheimer Morgen |